DER GROSSE BRAND 1901
Der große Brand in Polsum - April 1901
Längst brach der Frühling das Eis und den Frost
Die Winde wehen beständig aus Ost
Durchsausen die Fluren und dörren das Land
Und wirbeln empor das Laub und den Sand
Bald Ende April ist's zur Mittagszeit
Vom Kirchlein soeben erklang das Geläut
Verrichtet ist kaum das Tischgebet
Als auf der Gasse ein Lärmen entsteht
Was ist doch los? Man hastet und rennt
Die Antwort klingt wieder: "Es brennt, es brennt!
Es brennt eine Scheune am östlichen Tor
Schon züngeln die Flammen am Dachwerk empor
Da gilt es nun retten, die Eimer zur Hand
Rasch bilden sich Ketten, man kämpft mit dem Brand
Nun kommt auch die Spritze in Eile herbei
Kommandos ertönen, verworrenes Geschrei
Doch sausend die Winde, entfachen die Glut
Das Feuer frisst weiter mit schrecklicher Wut
Da, wie auf Kommando, die Helfer entflieh'n
Der Wind hat das Feuer schon weiter gespie'n
Am Dachwerk dort drüben jetzt zeigt sich schon Dampf
Und jenseits der Straße geht weiter der Kampf
Bald schlagen die Flammen auch dort schon heraus
Doch rettende Hände die räumen nun aus
Die Kleider, die Möbel, was gerade man fasst
Es fliegt durch die Fenster in sausender Hast
Die Dachziegel fallen, hernieder tropft Blei
Die Sturmglocken erschallen: Herbei - herbei!
Laut prasselnd durchfährt der mächtige Strahl
Die Spritze, die Gluten, unzählige mal
In dichten Schwaden die Dämpfe entflieh'n
Jedoch vergebens ist alles Bemüh'n
Da plötzlich ruft jemand: "Das Treppenhaus brennt
Herab ihr da oben, so rasch ihr nur könnt
Doch über die Leitern, sonst lauft ihr Gefahr"
Rasch stürzt sich herunter was oben noch war
Nun brennt auch die Schule, das Haus nebenbei
Das Küsterhaus gleichfalls, welch' Jammergeschrei
Dann ruft jemand wieder, die Kirche brennt auch
Man sieht auch ein Flämmchen, durch schwelenden Rauch
Hoch oben am Dachwerk, am hinteren Chor
Bis dahin langt keine Leiter empor
Da schleicht sich ein Braver rasch fort durch den Sturm
Mit Gott will ich's wagen, denn fällt auch der Turm
So bleibt auch kein einziges Häuschen mehr stehn
Mein Heimatdörflein muß untergeh'n
Er steigt durch den Turm über's Dach wo am End'
Dicht unter dem Schiefer das Holzwerk schon brennt
Doch womit nun löschen, er hat nichts zur Hand
Mit den Fäusten hämmert er nieder den Brand
Ein ander Haus brennt nun, der Sturm aus Ost
Der immer stärker die Brände umtost
Stürzt plötzlich herab eine Giebelwand
Barmherziger Himmel! Ein Mann dort stand
Man sucht in den Trümmern und schafft ihn hinaus
Bald ist er verschieden im Nachbarhaus
Allmählich wächst der Sturm zum Orkan
Bald kann sich kein Mensch dem Feuer mehr nah'n
Sechs Höllenrachen Verderben jetzt spei'n
Das wird wohl das Ende vom Dörflein sein
Da schreitet der Pfarrer im greisen Haar
Zum Kirchlein und kniet vor dem Hochaltar
Er fleht für die Seinen: Barmherziger Gott
Gebiete dem Feuer und wende die Not
Erhalte die Häuser doch rings noch herum
Und hier diese Kirche, dein Heiligtum
Er öffnet den Schrein, nimmt Kelch und Monstranz
Ein heiliger Eifer erfüllet ihn ganz
Nun komm, mein Heiland, du Gottessohn
Ich trug dich sooft schon bei der Prozession
Dein Volk rief: Hosanna mit jauchzendem Mund
Jetzt ruft es: Herr hilf uns, wir gehen zu Grund
Dann trägt er ihn fort durch Zerstörung und Graus
Still segnend hinüber ins Nachbarhaus
Nun dämmert allmählich ein Hoffnungsstern
Die Feuerwehren kommen von Nah und Fern
Es prasseln die Spritzen, Kommandowort schallt
Dann sind sie verteilt auf die Posten bald
Die Häuser alle im Kreise sind jetzt
Bis auf die Dächer von ihnen besetzt
Zwar flammt es noch auf, bald hier und dort
Doch kundige Feuerwehr löscht es sofort
Da atmen die Bürger befreit von dem Bann
Erst auf und schauen die Schäden sich an
Zum Abend hin legt sich des Sturmes Gewalt
Und mit ihm erlöscht nun das Feuer auch bald
Jedoch das scheidende Abendrot
Beleuchtet im Dörflein viel Gram und Not
Da kniet eine Mutter im bitteren Schmerz
An des Toten Seite, dem schlug ihr Herz
Der treue Vater und Helfer ist tot
Vier Häuser, die Schule, die Scheune verbrannt
Ruinen, wo morgens das Vaterhaus stand
Viel Habe, gar mancherlei Andenken wert
Hat alle das grimmige Feuer verzehrt
Viel Mühe vergebens, sogar noch dahin
Was auf dem Kirchplatz gerettet schon schien
Die Federn noch wirbeln im Abendwind
Nach seinem Püppchen sucht weinend ein Kind
In später Stunde zur Ruhe man geht
Manch' Träne rinnt nieder beim Abendgebet
Wer gestern so fröhlich gescherzt noch hier
Legt heute sich nieder im fremden Quartier.
Oft geht noch die Kunde von Mund zu Mund
Und tut sich bei mancher Gelegenheit kund
Das Jahr Eintausendneunhundertundeins
Bleibt im Gedächtnis wie sonst wohl keins.
Julius Wegener
Die Winde wehen beständig aus Ost
Durchsausen die Fluren und dörren das Land
Und wirbeln empor das Laub und den Sand
Bald Ende April ist's zur Mittagszeit
Vom Kirchlein soeben erklang das Geläut
Verrichtet ist kaum das Tischgebet
Als auf der Gasse ein Lärmen entsteht
Was ist doch los? Man hastet und rennt
Die Antwort klingt wieder: "Es brennt, es brennt!
Es brennt eine Scheune am östlichen Tor
Schon züngeln die Flammen am Dachwerk empor
Da gilt es nun retten, die Eimer zur Hand
Rasch bilden sich Ketten, man kämpft mit dem Brand
Nun kommt auch die Spritze in Eile herbei
Kommandos ertönen, verworrenes Geschrei
Doch sausend die Winde, entfachen die Glut
Das Feuer frisst weiter mit schrecklicher Wut
Da, wie auf Kommando, die Helfer entflieh'n
Der Wind hat das Feuer schon weiter gespie'n
Am Dachwerk dort drüben jetzt zeigt sich schon Dampf
Und jenseits der Straße geht weiter der Kampf
Bald schlagen die Flammen auch dort schon heraus
Doch rettende Hände die räumen nun aus
Die Kleider, die Möbel, was gerade man fasst
Es fliegt durch die Fenster in sausender Hast
Die Dachziegel fallen, hernieder tropft Blei
Die Sturmglocken erschallen: Herbei - herbei!
Laut prasselnd durchfährt der mächtige Strahl
Die Spritze, die Gluten, unzählige mal
In dichten Schwaden die Dämpfe entflieh'n
Jedoch vergebens ist alles Bemüh'n
Da plötzlich ruft jemand: "Das Treppenhaus brennt
Herab ihr da oben, so rasch ihr nur könnt
Doch über die Leitern, sonst lauft ihr Gefahr"
Rasch stürzt sich herunter was oben noch war
Nun brennt auch die Schule, das Haus nebenbei
Das Küsterhaus gleichfalls, welch' Jammergeschrei
Dann ruft jemand wieder, die Kirche brennt auch
Man sieht auch ein Flämmchen, durch schwelenden Rauch
Hoch oben am Dachwerk, am hinteren Chor
Bis dahin langt keine Leiter empor
Da schleicht sich ein Braver rasch fort durch den Sturm
Mit Gott will ich's wagen, denn fällt auch der Turm
So bleibt auch kein einziges Häuschen mehr stehn
Mein Heimatdörflein muß untergeh'n
Er steigt durch den Turm über's Dach wo am End'
Dicht unter dem Schiefer das Holzwerk schon brennt
Doch womit nun löschen, er hat nichts zur Hand
Mit den Fäusten hämmert er nieder den Brand
Ein ander Haus brennt nun, der Sturm aus Ost
Der immer stärker die Brände umtost
Stürzt plötzlich herab eine Giebelwand
Barmherziger Himmel! Ein Mann dort stand
Man sucht in den Trümmern und schafft ihn hinaus
Bald ist er verschieden im Nachbarhaus
Allmählich wächst der Sturm zum Orkan
Bald kann sich kein Mensch dem Feuer mehr nah'n
Sechs Höllenrachen Verderben jetzt spei'n
Das wird wohl das Ende vom Dörflein sein
Da schreitet der Pfarrer im greisen Haar
Zum Kirchlein und kniet vor dem Hochaltar
Er fleht für die Seinen: Barmherziger Gott
Gebiete dem Feuer und wende die Not
Erhalte die Häuser doch rings noch herum
Und hier diese Kirche, dein Heiligtum
Er öffnet den Schrein, nimmt Kelch und Monstranz
Ein heiliger Eifer erfüllet ihn ganz
Nun komm, mein Heiland, du Gottessohn
Ich trug dich sooft schon bei der Prozession
Dein Volk rief: Hosanna mit jauchzendem Mund
Jetzt ruft es: Herr hilf uns, wir gehen zu Grund
Dann trägt er ihn fort durch Zerstörung und Graus
Still segnend hinüber ins Nachbarhaus
Nun dämmert allmählich ein Hoffnungsstern
Die Feuerwehren kommen von Nah und Fern
Es prasseln die Spritzen, Kommandowort schallt
Dann sind sie verteilt auf die Posten bald
Die Häuser alle im Kreise sind jetzt
Bis auf die Dächer von ihnen besetzt
Zwar flammt es noch auf, bald hier und dort
Doch kundige Feuerwehr löscht es sofort
Da atmen die Bürger befreit von dem Bann
Erst auf und schauen die Schäden sich an
Zum Abend hin legt sich des Sturmes Gewalt
Und mit ihm erlöscht nun das Feuer auch bald
Jedoch das scheidende Abendrot
Beleuchtet im Dörflein viel Gram und Not
Da kniet eine Mutter im bitteren Schmerz
An des Toten Seite, dem schlug ihr Herz
Der treue Vater und Helfer ist tot
Vier Häuser, die Schule, die Scheune verbrannt
Ruinen, wo morgens das Vaterhaus stand
Viel Habe, gar mancherlei Andenken wert
Hat alle das grimmige Feuer verzehrt
Viel Mühe vergebens, sogar noch dahin
Was auf dem Kirchplatz gerettet schon schien
Die Federn noch wirbeln im Abendwind
Nach seinem Püppchen sucht weinend ein Kind
In später Stunde zur Ruhe man geht
Manch' Träne rinnt nieder beim Abendgebet
Wer gestern so fröhlich gescherzt noch hier
Legt heute sich nieder im fremden Quartier.
Oft geht noch die Kunde von Mund zu Mund
Und tut sich bei mancher Gelegenheit kund
Das Jahr Eintausendneunhundertundeins
Bleibt im Gedächtnis wie sonst wohl keins.
Julius Wegener